Änderungsmanagement für Pharmafirmen: Was Sie wissen müssen.

Wir erklären, was Änderungsmanagement für Pharmaunternehmen bedeutet, wie es funktioniert und was dabei unterstützt.

Zwei Laboranten in einem Labor

6. Juni 2024

Für die Pharmabranche sind Sicherheit und Risikominimierung essenzielle Bestandteile, um kontinuierlich einwandfreie Medikamente herzustellen und den Validierungsansprüchen gerecht zu werden. Anpassungen beispielsweise von Herstellprozessen oder Zusammensetzungen müssen ein detailliertes Änderungsmanagement durchlaufen. Was dahinter steckt, welche rechtlichen Vorgaben dafür gelten und wie Sie den Aufgaben gerecht werden, lesen Sie in unserem Beitrag.

Was bedeutet Änder­ungs­manage­ment in der Pharma­industrie?

Es ist nicht nur wichtig, sondern Pflicht: Die streng regulierte Pharmaindustrie setzt auf ein striktes Änderungsmanagement. Im Englischen wird es als Change Control Management bezeichnet. Kommt es in pharmazeutischen Unternehmen zu Änderungen, verwaltet und kontrolliert es diese. Doch warum sind Anpassungen in dieser Industrie so streng geregelt? Die sorgfältige Kontrolle im regulierten Umfeld sorgt dafür, dass Arzneimittel sicher, wirksam, hochwertig und immer mit dem exakt gleichen Inhalt produziert sowie auf den Markt gebracht werden. Dabei wirkt sich das Änderungsmanagement auf viele Bereiche im Unternehmen aus, unter anderem:

  • Produktionsprozesse, z. B. Änderung von Herstellungsverfahren
  • Formulierungen, z. B. Anpassung der Inhaltsstoffe oder Zusammen­setzung von Medikamenten
  • Verpackung, z. B. neues Design oder Inhaltsmenge der Medikamentenpackungen
  • Regulatorische Anforderungen, z. B. durch Behörden veränderte Anforderungen zu Herstellung, Zulassung und Vermarktung des Produktes

Änderungsmanagement, Risikomanagement und Qualitätskontrolle: Das sind die Unterschiede.

Zeitgleich zum Änderungsmanagement setzen Unternehmen aus der Pharma­industrie auf Risikomanagement und Qualitätskontrollen. Vorab sei gesagt: Die drei Bereiche sind zwar separate Kriterien, hängen jedoch eng miteinander zusam­men.

Das unterscheidet sie im Wesentlichen:

Änderungsmanagement

Change Control befasst sich damit, Änderungen aller Aspekte zu verwalten und zu kontrollieren. Von der Entwicklung bis zur Vermarktung eines Medikaments sind sämtliche Prozesse inbegriffen.

Risikomanagement

Das Risikomanagement hingegen ist dafür zuständig, die Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität von Medikamenten zu identi­fizieren, zu bewerten, zu überwachen und zu kontrollieren, um die Risiken schließlich beeinflussen zu können. Ziel ist es, Strategien zu entwickeln, die Risiken zu minimieren und im besten Falle unge­wünschte Vorfälle vollständig zu verhindern.

Qualitätskontrolle

Das dritte Kriterium, die Qualitätskontrolle, stellt mittels Tests und Techniken sicher, dass die hohen Qualitätsstandards an Arzneimittel eingehalten werden.

Um den strengen Auflagen der Pharma­industrie zuverlässig gerecht werden zu können, greifen die drei Bereiche inei­nander. Sie bilden gemeinsam die Grundlage, damit Patientinnen und Patienten mit sicheren, wirksamen Arzneimitteln versorgt werden.

Änderungen in der Pharmaindustrie: vier typische Beispiele

Bei all der Theorie stellt sich die Frage: Welche Änderungen sind typisch für Unternehmen in der Pharmaindustrie? Anpassungen unterscheiden sich von Projekt zu Projekt, besonders häufig kommen jedoch folgende vier vor: 

  • 1. Herstellungsverfahren werden geändert.

    Wird das Herstellungsverfahren geändert, beeinflusst das die Art und Weise der Arzneimittelherstellung. Zudem können davon die benötigte Ausrüstung, Technologien und Produktionsverfahren betroffen sein.

  • 2. Die Formulierung wird verändert.

    Besonders die Anpassung von Inhaltsstoffen sorgt dafür, dass die Formulierung eines Medikaments angepasst werden muss. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt, denn solche Veränderungen können Einfluss auf Wirksamkeit, Sicherheit oder Stabilität des Produkts nehmen.

  • 3. Verpackung und Kennzeichnung werden geändert.

    In der Pharmabranche zählen nicht nur die inneren Werte – auch der Aufdruck spielt eine große Rolle. Werden Verpackung oder Kennzeichnung eines Medikaments geändert, kann sich das auf dessen Identifizierung und Verwendung auswirken. Verwirrungen und fälschlicher Verwendung muss vorgebeugt werden.

  • 4. Regulatorische Anforderungen ändern sich.

    Ändern sich behördliche Anforderungen und Vorgaben bezüglich Zulassung, Herstellung und Vermarktung von Medikamenten, müssen Pharmaunternehmen effizient sicherstellen, dass die neuen Bedingungen vollständig erfüllt werden.

Reagenzgläser mit oranger und blauer Flüssigkeit

Rechtliche und regulatorische Rahmenbedingungen

Die gesamte Pharmaindustrie unterliegt zahlreichen rechtlichen und regulator­ischen Rahmenbedingungen, die auch das Änderungsmanagement beeinflussen. Deren Einhaltung ist für pharmazeutische Unternehmen entscheidend. Denn nur so lassen sich Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität von Arzneimitteln gewährleisten und regulatorische Compliance sicher­stellen. Es gibt eine Vielzahl solcher Rahmenbedingungen, die Pharma­unternehmen erfüllen müssen. Einige wichtige Beispiele sind:

Arzneimittel­zulassungs­vorschriften

Vorschriften und Verfahren zur Arznei­mittel­herstellung unterscheiden sich von Land zu Land. Wird eine Änderung an der Herstellung durchgesetzt, muss diese vollständig dokumentiert werden.

Good Manufacturing Practice (GMP)

GMP-Regularien legen fest, welche Standards bei der Herstellung von Arznei­mitteln eingehalten werden müssen. Kommt es zu einer Änderung im Herstell­prozess, muss diese gemäß den GMP-Richtlinien dokumentiert, bewertet und genehmigt werden. Ein Teil des GMP-Leitfadens ist das ICH10-Dokument, das sich auf pharmazeutische Qualitäts­systeme bezieht.

Normen

Normen zum Qualitätsmanagement, wohl am bekanntesten die ISO 9001, definieren strenge Anforderungen an das Qualitäts­management­system für Pharma­unternehmen. Darunter fallen auch die Prozesse für das Änderungsmanagement.

Food and Drug Administration (FDA)

Regulierungsbehörden wie die FDA geben Richtlinien und Anforderungen vor, die sich auf die Änderung zugelassener Arznei­mittel beziehen. Das europäische Pendant zur FDA ist die European Medicines Agency, EMA.

Good Documentation Practice (GDP)

Die Richtlinien der Good Documentation Practice (GDP) legen Standards fest, nach denen pharmazeutische Prozesse und Änderungen dokumentiert werden müssen. Über die GDP wird sichergestellt, dass solche Anpassungen ordnungs­gemäß dokumentiert werden und jederzeit nachvollziehbar sind.

Das Erfüllen der regulatorischen Anforder­ungen, komplexe Produktionsprozesse und die Notwendigkeit, Änderungen lückenlos zu dokumentieren stellen Unternehmen aus der Pharmabranche vor große Heraus­forderungen. Sie sind aufwändig und sensibel, der kleinste Fehler kann fatale Folgen haben. Doch mit den passenden Strategien und Lösungen lässt sich selbst die kniffeligste Aufgabe souverän lösen.

Methoden und Strategien zum Änderungs­management

Um das Change Control Management korrekt und zuverlässig erfüllen zu können, setzt die Pharmabranche häufig auf folgende Methoden:

Änderungskontrollverfahren

Änderungskontrollverfahren legen die Kriterien fest, die beim Bewerten, Genehmigen, Implementieren und Überwachen der jeweiligen Änderungen eingehalten werden müssen.

Validierung und Qualifizierung

Besonders kritische Änderungen, beispiels­weise zum Herstellungsprozess oder der Formulierung, bedürfen Validierungs­maßnahmen. Diese stellen sicher, dass Änderungen ordnungsgemäß umgesetzt werden und dass die Qualität des Endprodukts immer gleich sowie reproduzierbar ist.

Austausch und Schulungen

Gute Kommunikation ist das A und O, damit alle Beteiligten – extern wie intern – über Änderungen und deren Dokumen­tation informiert sind. In Schulungen können sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf anstehende Anpassungen vorbereiten und das nötige Wissen zu den neuen Abläufen erwerben.

Gründliche Dokumentation

Eine weitere Maßnahme, die beim Änderungsmanagement unterstützt, ist eine sorgfältige Dokumentation. Dank ihr können einzelne Schritte bei Bedarf zurückverfolgt werden und sind jederzeit nachvollziehbar. Ein solches Dokumen­tations­management umfasst in der Regel die Aufbewahrung und Aufzeichnung über:

  • Änderungsanträge
  • Risikobewertungen
  • Validierungsberichte
  • Schulungsunterlagen

Kontinuierliche Verbesserung (KV-Management)

Change Management Control ist keine abgeschlossene Maßnahme, sondern sollte als kontinuierlicher Prozess verstanden werden. Unternehmen profitieren davon, betroffene Abläufe regelmäßig zu überprüfen und zu hinterfragen, um sich kontinuierlich zu verbessern und belastbare Best Practices zu entwickeln.

Änderungsmanagement unterstützen:
diese Tools und Softwarelösungen helfen

Doch neben Methoden und Strategien unterstützen auch Tools Unternehmen bei der Abwicklung des Änderungs­managements. Sie automatisieren Prozesse, steigern die Effizienz und stellen sicher, dass Änderungen rückverfolgbar sind.

Änderungsmanagementsoftware

Software, die eigens für die digitale Abwicklung von Änderungen hergestellt wird, unterstützt Pharmaunternehmen effizient beim Änderungsmanagement. Sie übernimmt die Erfassung, Verfolgung und Verwaltung von Änderungsanträgen häufig via Workflows, Benachrichtigungen und Dokumentenverwaltung.

Dokumentenmanagementsysteme (DMS)

Auch ein Dokumenten­managementsystem erleichtert das Änderungsmanagement. Dazu verwaltet und kontrolliert es die Unterlagen der Änderungsdokumentation, Protokolle und Richtlinien zuverlässig an einer zentralen Stelle. Der Zugriff auf die Dokumente ist digital jederzeit und unkompliziert möglich.

Risikomanagementsoftware

Auch für das Risikomanagement, das Änderungsmanagementprozesse unterstützen kann, gibt es eigene Softwarelösungen. Sie umfassen in der Regel Tools zur Risikoanalyse, für Bewertungen und zur Verfolgung einer Änderung.

Projektmanagementtools

Plattformen, die die Zusammenarbeit erleichtern, und Tools für effizientes Projektmanagement helfen Unternehmen dabei, ihre Änderungen sinnvoll und zielgerichtet umzusetzen. Sie vereinfachen die Kommunikation und ermöglichen es, dass alle Beteiligten mit demselben Datenbestand arbeiten können – wichtige Voraussetzungen, um die Prozesse des Änderungsmanagements zu erleichtern.

Enterprise Resource Planning

Eine Lösung, die das gesamte Geschehen in Unternehmen erleichtern kann, ist Enterprise Resource Planning. Workflow-Funktionen, eine integrierte Prozess­verwaltung, Chargenrückverfolgung sowie industriespezifische Tools zur Rezeptur­verwaltung, Qualitätskontrolle und Co. geben Pharmaunternehmen Sicherheit und schenken Effizienz auch für das Änderungsmanagement. Die nötige Grundlage bietet dafür die ERP-Branchenlösung YAVEON ProBatch speziell für die pharmazeutische Industrie mit der spezifischen Quality-Assurance-App.

Effizientes Änderungsmanagement: wichtig und machbar

Für Pharmafirmen ist ein effizientes Änderungsmanagement wesentlicher Bestandteil des Arbeitsalltags. Doch die Anforderungen zu erfüllen, kann herausfordernd sein. Passende Mechanismen und digitale Tools helfen dabei, Änderungen nicht nur vollständig, sondern auch zielsicher und reibungslos zu dokumentieren. Wer zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen will, entscheidet sich für ein ERP-System. Denn die Software erleichtert nicht nur den Prozess des Änderungsmanagements, sondern automatisiert viele weitere Abläufe, die manuell betrieben aufwändig und fehleranfällig sind.

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